Auf seinen Film „Barbarian“ (2022), der mit mehreren Auszeichnungen geehrt wurde, folgt nun mit „Weapons“ das nächstes Werk von Regisseur und Autor Zach Creggor. Brillant konstruiert, wirkt dieses moderne Horrormärchen wie eine zeitgenössische Variation der Gebrüder Grimm – eine Geschichte, die ihr Publikum von Beginn an in Bann zieht und bis zum Finale spannend bleibt.
Eine amerikanische Kleinstadt im Ausnahmezustand
Die Story nimmt in der scheinbar idyllischen Kleinstadt Maybrook ihren Anfang. Eines Nachts, Punkt 2:17 Uhr, verlassen alle Kinder einer Grundschulklasse ihre Häuser, laufen auf unheimliche Weise in die Dunkelheit – und verschwinden spurlos. Am nächsten Morgen sitzt nur Alex Lilly (Cary Christopher) still und abwesend an seinem Platz. Warum blieb ausgerechnet er zurück? Diese Frage überschattet fortan das Leben in Maybrook.
Während die polizeilichen Ermittlungen ins Leere laufen, wächst in der Stadt allmählich das Misstrauen. Die Lehrerin Justine Gandy (Julia Garner) gerät unter massiven Druck, wird zur Zielscheibe der Eltern und sucht Halt im Alkohol – und in der Nähe des Polizisten Paul Morgan (Alden Ehrenreich). Bauunternehmer Archer Graff (Josh Brolin) weigert sich, den Verlust seines Sohnes zu akzeptieren, und klammert sich verzweifelt an jeden Hoffnungsschimmer. Schulleiter Marcus Miller (Benedict Wong) versucht, die aufgeheizten Gemüter zu besänftigen und zugleich Justine vor den schlimmsten Angriffen zu schützen. Doch die Ermittlungen zeichnen ein beunruhigendes Bild: Offenbar sind die Kinder freiwillig in die Nacht hinausgegangen …
Das Verschwinden als Spiegel der Zurückgebliebenen
Der Film richtet den Blick weniger auf das Mysterium des Verschwindens selbst, sondern auf die Menschen, die damit leben müssen. So erzählt „Weapons“ aus unterschiedlichen Perspektiven: von Justine, der Lehrerin, die trotz Anfeindungen versucht, über Alex Antworten zu finden; von Archer Graff, dem Vater, dessen Suche nach seinem Sohn ihn zwingt, eigene Überzeugungen infrage zu stellen; und von Alex, dem einzigen Kind, das zurückblieb und keine Erklärung für das Geschehen geben kann.
Gerade diese Fokussierung auf individuelle Schicksale verleiht der Geschichte ihre Spannung und macht die Figuren nachvollziehbar. Das Publikum erlebt, wie eine kleine Gemeinschaft durch das Unerklärliche aus dem Gleichgewicht gerät.
Zwischen subtilen Horrorelementen und plötzlicher Gewalt
Dabei gelingt es Zach Creggor klassische Horror-Elemente mit subtilen Humornoten zu verbinden, ohne die beklemmende Atmosphäre zu schwächen. Gerade der Kontrast zwischen den lakonischen Dialogen und den plötzlichen Gewaltausbrüchen verleiht dem Film eine besondere Note.
Zudem überzeugt das Ensemble durchweg. Im Mittelpunkt stehen die fragile, doch kämpferische Justine, der harte, aber zur Selbstreflexion fähige Archer, der unsichere Schulleiter Marcus und der wortlose Alex, der wie ein Rätsel im Zentrum der Handlung verharrt. Mit fortschreitender Erzählung treten auch Nebenfiguren hervor – etwa eine Verwandte von Alex, Tante Gladys oder der Drogenabhängige James, der von Polizist Paul verfolgt wird. Gemeinsam bleiben diese Charaktere im Gedächtnis, weil sie keine bloßen Genre-Stereotype sind, sondern individuelle Züge tragen: Justine zeigt trotz Anfeindungen Beharrlichkeit, Archer erweist sich trotz seiner Härte als bereit, eigene Überzeugungen infrage zu stellen; Alex verstärkt das Rätsel durch sein Schweigen, während Gladys und James zusätzliche Perspektiven auf das Geschehen eröffnen.
Eine Perle im modernen Horrorgenre
„Weapons“ ist ein klug konstruiertes, atmosphärisch dichtes Horrordrama, das sich deutlich von gängigen Genre-Konventionen absetzt. Anstatt auf plumpe Schockeffekte oder stereotype Figuren zu setzen, legt Zach Creggor den Schwerpunkt auf die psychologische Dimension des Grauens: Wie reagieren Menschen, wenn das Unbegreifliche in ihr Leben bricht? Justines Zivilcourage, Archers Fähigkeit zur Selbstreflexion oder Alex’ verstörendes Schweigen sind Beispiele dafür, wie sorgfältig die Figuren gezeichnet sind. Diese Tiefe macht die Handlung nicht nur unheimlicher, sondern auch glaubwürdiger. Kombiniert mit einer beeindruckenden Inszenierung durch das Schauspielerteam und einem Finale, das konsequent alle Fäden zusammenführt und dennoch überrascht, erweist sich “Weapons” als eine echte Perle des Horrorfilms – ein Werk, mit dem Zach Greggor zeigt, dass das Genre mehr leisten kann als nur Angst und Grusel zu erzeugen.
C. F. J. Schiltz 2025





